AGG
GZ vom 28.02.2024
„Logo!“: Schule wird zum Fernsehstar
Kinderkanal dreht neues Format seiner Nachrichtensendung an der Okeraner Adolf-Grimme-Gesamtschule
Von Frank Heine
Oker. Neues Personal, neue Pausen, neue Partner, neue Projekte: Aber vor allem wird die Adolf-Grimme-Gesamtschule (AGG) demnächst zum Fernsehstar. Oder besser: zur Kulisse für die Nachrichtensendung „Logo!“ auf dem Kinderkanal (Kika).
Wenn Adolf Berthold Ludwig Grimme, am Silvestertag 1889 in Goslar geborener Namensgeber der Schule, nicht nur Niedersachsens erster Kultusminister, sondern auch erster Generaldirektor des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) war – der in der jungen Bundesrepublik mit Abstand größten Rundfunkanstalt Deutschlands –, mag es nicht verwundern, dass sich plötzlich ein ARD- und ZDF-Format für die einzige Gesamtschule des Landkreises im Goslarer Stadtteil Oker interessiert. Zumal ja auch noch ein Fernsehpreis den Namen Grimme trägt.
Immer im Vorspann
Aber dieser konstruierten Gedankenwege bedurfte es gar nicht. Viel wichtiger waren die persönlichen Kontakte, die AGG-Kunst-Fachbereichsleiter Christian Seyfried vor ein paar Monaten zur „Logo!“-Redaktion knüpfte. So erzählen es Direktorin Christine Voß und Vize Ulrich Manusch. Viel wichtiger als der Anfang ist schließlich auch das Ergebnis. Und das sieht so aus, dass die „Logo!“-Leute ihre Sendung neu ausrichten wollen. Und deshalb sollen nicht nur die ersten beiden Folgen, sondern auch der künftige immer wiederkehrende Vorspann in Oker gedreht werden. Laut Voß und Manusch soll das während der AGG-Projektwoche vor den Osterferien (12. bis 14. März) in der Helmut-Sander-Sporthalle passieren, in der zu diesem Zweck eigens ein Kubus aufgebaut wird. Wie alles genau abläuft, wissen beide auch noch nicht. Die Spannung steigt aber schon.
Die Projektwoche der Unesco-Schule selbst steht unter der Überschrift „Hände reichen – Brücken bauen“ und beschäftigt sich in diversen Workshops, Filmen, Vorträgen und Theater-Stücken mit aktuellen Konflikten, Krieg und Frieden, Demokratie, Wirtschaft und Nachhaltigkeit und vielem mehr. In einem Schülerseminar in der Marktkirchenbibliothek geht es um die „Geschichte des Judentums und des Antisemitismus“. Reuchlins Streitschrift „Der Augenspiegel“ von 1511 soll als Primärquelle genutzt werden.
Schon am 7. März diskutieren der muslimische Braunschweiger Schülerratssprecher Atakan Koctürk, der evangelische Pfarrer Klaus Burckhardt und Dimitri Tukuser aus der liberalen jüdischen Gemeinde der Löwenstadt vor Schülern des achten Jahrgangs über Hamas, Hass, Vorurteile, Diskriminierung und Fake News. Das Bundesförderprogramm „Demokratie leben“ und das Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung unterstützen die AGG-Projektwoche.
Neue Didaktik-Chefin
Was die Schule und deren Spitze sonst noch froh macht: Mit Nadine Vogler hat am 1.Februar die neue didaktische Leiterin ihre Stelle angetreten. Wie berichtet nimmt Vorgängerin Bianca Eschemann seit dem vorigen Sommer andere Aufgaben an der Schule wahr. Die 36-jährige Mathematik- und Religionslehrerin aus Vechelde komplettiert das vierköpfige Leitungsgremium, zu dem auch noch Oberstufenleiter Julian Märtens zählt. Auch sonst sind alle Jahrgangs- und Fachbereichsleitungen fest und nicht mehr nur kommissarisch besetzt – wohl das erste Mal in der AGG-Geschichte, wie Märtens mutmaßt.
Drei neue Lehrkräfte – eine nach dem Referendariat und zwei von anderen Gesamtschulen – haben auch noch angeheuert. Dazu kommen drei Pensionäre, die weiter viel Spaß am Beruf haben und der Schule erhalten bleiben, sowie Mitarbeiter, die ihre Stundenanteile erhöht haben. Das AGG-Personal zählt jetzt insgesamt 72 Köpfe.
Der Bootsbauer
„Planung und Setting müssen aber passen – manchmal müssen wir sogar bremsen“, sagt Manusch. Das gilt offenkundig nicht für Wolfgang Ritzke, der zu den Pensionären zählt, Vater von CvD-Vize Holger Ritzke ist und mit seinem Holzbootbau-Projekt eine Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen hat, die den Teilnehmern viel Geduld und Geschick abverlangt, aber auch jede Menge zurückgibt.
Mit der benachbarten Siebenstein-Schule der Lebenshilfe ist laut Voß auch eine Kooperation geplant. Weil der Einrichtung ein bislang genutzter Raum in der Grundschule Jürgenohl nicht mehr zur Verfügung steht – dort ist quasi Eigenbedarf angemeldet –, bekommen die Siebenstein-Schüler zunächst einen AGG-Raum. Aber auch inhaltlich sei für die Zukunft einiges mehr vorstellbar, sagen Voß und Manusch. Last, but not least: Neue Pausen braucht der Mensch – und die AGG-Schüler erst recht. Im Februar testet die Schule eine Öffnung der Regeln aus. Soll heißen: Die Kinder müssen nicht mehr nach draußen, sondern dürfen im Gebäude bleiben – die neunten und zehnten Klassen sogar in ihren Unterrichtsräumen. Drinnen soll freilich Ruhe herrschen, während draußen getobt werden darf – das Klettergerüst lockt nach wie vor viele Jugendliche auf den Pausenhof.
Laut Voß und Manusch hatte der Vorschlag nicht nur Fans und wurde in einem langen Prozess mit Schüler- und Elternvertretern vorbereitet. Für die Zukunft kann sich das Duo sogar thematische Gestaltungen vorstellen: Musik-, Lese-, Kunst- oder Party-Pause? Für Manusch ist vieles möglich, der grundsätzlich überzeugt ist: „Die Angebote müssen überzeugen, sie dürfen nicht aufgesetzt werden.“
„Ein langer Prozess“
Ob sich Eltern wie in den Grundschulen als Vorlese-Paten gewinnen lassen? Versuch macht klug. Voß will es austesten. Und oft ist der Weg zum Ziel auch schon wertvoll – vielleicht sogar lehrreicher als alles andere.
„Demokratie ist oft ein langer Prozess, den man aushalten muss“, sagt Manusch. Sie lebe vom Austausch der Argumente und Kompromissen. Aber wo solle man sie lernen, wenn nicht in der Okeraner (Gesamt-)Schule? Manusch: „Wir schreiben Demokratie nicht nur an die Tafel, sondern leben das Prinzip.“
„Wir schreiben Demokratie nicht nur an die Tafel, sondern leben das Prinzip.“
AGG-Vize Ulrich Manusch