Karl-Heinz Kanthak
Musikalischer Doppelgeburtstag in Oker
Karl Heinz Kanthak ist seit 60 Jahren im Unterhaltungsorchester Nordharz aktiv - 1930 als Bandoneon-Orchester gegründet
Von Carsten Jelinski
OKER. Das Ensemble ist ebenso wenig wie sein Leiter aus der regionalen Musikszene wegzudenken: Das Unterhaltungsorchester Nordharz besteht seit 80 Jahren, sein Leiter Karl-Heinz Kanthak ist seit 60 Jahren mit dabei.
Am 11. April 1930 fanden sich neun Herren zur Gründung des „Bandoneon-Orchesters Blüh'e auf" in der „Hohen Rast" zusammen und wählten Joseph Raml zum Vorsitzenden, als musikalischer Leiter fungierte Kapellmeister Adolf Remus. Bis zum zweiten Weltkrieg verzeichneten die Konzerte des Ensembles eine stete Besucherzahl: Es gelang immer wieder, 450 Besucher für die Volksmusik zu gewinnen.
Nach dem Krieg kam Ende Juni die Erlaubnis zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs, knapp zehn Jahre später übernahm Kapellmeister Alfred Vesterling die Leitung des Klangkörpers. 1965 zollte man der Besetzungsveränderung Tribut: Zu den Tasten- und Knopfinstrumenten kamen Streicher, Holz- und Blechbläser nebst Schlagwerk dazu - der neue Ensemblename lautete „Vereinigtes Streich- und Bandoneon-Orchester Oker am Harz". Gastspielkonzerte im gesamten Westharz standen auf dem Programm, viele der Musiker waren zusätzlich noch in den damals noch vorhandenen Kurkapellen oder als Tanzmusiker unterwegs.
Vom Fleck weg gebucht
Auch zwei Ostsee-Tourneen wurden unternommen: „Bei unserem Auftritt in Travemünde kam der Kurdirektor auf uns zu und wollte uns vom Fleck weg für die ganze Saison buchen", erzählt Karl-Heinz Kanthak in seiner lebhaften Art und lacht. In diesen Zeiten war der gelernte Banker im Ensemble noch als Mitmusiker dabei. Später, unter seiner Leitung, gestaltete das seit 1988 zum „Unterhaltungsorchester Nordharz" umbenannte Ensemble die Neujahrskonzerte des Männergesangvereins Juventa ebenso mit wie viele weitere Großveranstaltungen der hiesigen Region.
Im Jahr 1989 wurden dann die Frühlings- und Herbstkonzerte ins Leben gerufen - das Orchester hat sein Stammpublikum, die Aula des Schulzentrums Oker ist immer gut besucht.
Die Bandbreite des Repertoires ist enorm groß: In den Konzerten sind der bekannte Fliegermarsch ebenso zu hören wie Operettenmelodien und die „schöne blaue Donau". „Natürlich haben wir dem Zeitgeschmack Rechnung getragen", er-läutert Kanthak. Seit geraumer Zeit erklingen auch bekannte Weisen aus Musicals wie „Cats", dem „Phantom" oder auch „Porgy and Bess".
„Als ich anfing, war das ja noch alles anders" erzählt Kanthak und schmunzelt. Eigentlich habe er Musik studieren wollen, der Krieg hat das verhindert. So begann er eine Banklehre und stieg Ende 1949 beim Orchester ein. „Da musste ich noch vorspielen und es wurde im ganzen Orchester abgestimmt." Er selbst wurde bei der Abstimmung natürlich hinausgebeten und nach erfolgter Wahl wieder hereingerufen. Damit nahm eine musikalische Karriere ihren Lauf. Kanthak musiziert auf verschiedenen Instrumenten, er gehörte zu den festen Größen der regionalen Tanzmusik. Fast nebenbei arbeitete er als Bankdirektor in Oker, heiratete und zog seine Söhne groß. „Das kann nur funktionieren, wenn man eine Frau so wie meine gefunden hat, die dabei mitzieht", sagt Kanthak.
Einstimmig gewählt
„Ich habe von meinen Vorgängern viel gelernt" erzählt der Dirigent. Und natürlich immer fortgebildet. Die Quittung dafür erhielt er im Jahr 1973: Einstimmig wählte ihn sein Ensemble zum neuen Leiter. Wollt ihr das wirklich, habe er fast ungläubig gefragt, seine Mitmusiker wollten. Seither wird mindestens einmal in der Woche in der Aula des Schulzentrums geprobt. Man spürt den Zusammenhalt des Orchesters untereinander. Kein forscher Dirigententon, eher ein freundschaftliches „Dann lasst uns mal weitern machen" ist von Kanthak zu hören. „Beim Schatz-Walzer bitte jetzt mehr auf die Dynamik achten", heißt es und los geht's. Man kennt sich,ist aufeinander eingespielt. Da braucht es nicht viele Worte, kurze Blicke und Gesten Kanthaks genügen - zwei Konzerte sind vorzubereiten:
Am Samstag, 17. April ist das Unterhaltungsorchester Nordharz beim Jubiläumskonzert „30 Jahre Seniorenvertretung Goslar" im Schulzentrum Goldene Aue zu hören, Beginn ist um 15 Uhr.
Am Samstag, 24. April beginnt das große Konzert „80 Jahre Unterhaltungsorchester" im Schulzentrum Oker um 15.30 Uhr.
GZ vom 15. April 2010